Die Automobil-Zulieferindustrie: Gut gerüstet für die Zukunft?

Wie Transformations-Management zur Bewältigung aktueller Herausforderungen in der Automobil-Zulieferindustrie beiträgt.

Text: Dr. Rainer Bostel

Die Automobilindustrie – der bedeutendste Industriezweig Deutschlands

Im Jahr 2014 wurden 368 Mrd. Euro erwirtschaftet und damit ein neues Rekordniveau erreicht. Mit 237 Mrd. Euro stammten knapp zwei Drittel des Umsatzes aus Exporterlösen. Rund 775.000 Personen waren 2014 in den Stammbelegschaften in der Automobilindustrie beschäftigt.

Die deutsche Automobilindustrie investiert mehr als alle anderen Branchen in Forschung und Entwicklung und steuert mit rund 31 % den deutlich größten Anteil an den gesamten Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen der deutschen Wirtschaft bei. Dies waren im Jahr 2014 ca. 18 Mrd. Euro.

Die Weiterentwicklung der klassischen Antriebe und alternativer Kraftstoffe, der Ausbau der Elektromobilität und die digitale Revolution im Automobil bis hin zum automatisierten Fahren sind die großen Themen der Zukunft. Klimaschutz und Umweltschutz sind Treiber der Automobilentwicklung. Effizienzsteigerung, Recycling und Emissionsreduzierung nutzen Unternehmen und Kunden.

Auch bei der deutschen Zulieferindustrie kam das Jahr 2014 zu einem erfreulichen Abschluss. Sie erhöhte ihren Umsatz auf 73 Mrd. €. Im Gegensatz zu den Automobilherstellern generieren die deutschen Zulieferer den Großteil ihres Umsatzes im Inland, da ihre Abnehmer vor allem in Deutschland arbeiten. Allerdings entwickelten sich die Exporterlöse 2015 deutlich dynamischer und legten auf 27 Mrd. Euro zu.

Die Automobilindustrie – eine Branche in der Transformation

Es geht um den Wandel. Diesmal allerdings um die Transformation der Branche selbst, um die grundlegende Neuausrichtung des Automobilgeschäfts in nahezu allen Bereichen. Wie und wohin verändert sich das Kerngeschäft von Autobauern, Zulieferern und Händlern? Werden Automobilhersteller zu Mobilitätsdienstleistern? Werden Autos künftig eher geteilt als gekauft? Ersetzt oder ergänzt das autonome „Kutschieren“ das aktive Autofahren? Wie werden Autos in der Zukunft angetrieben, mit Benzin, Strom oder Wasserstoff? Was muss sich in der Zusammenarbeit von Herstellern, Zulieferern und Tech-Unternehmen än dern, um die Personalisierung im Auto voranzubringen? Schaffen es nur kreative Start-ups und neue Player, Technologien, Mobilität und Services neu zu denken?

Automobilindustrie – Königsbranche im Interim Management

Laut AIMP-Providerumfrage 2016 – Interessenvertretung professioneller Dienstleister im Interim Management – hat sich der Markt bei rund 2 Mrd. Euro eingependelt. Mit rund 15% Marktanteil und etwa 300 Mio. € Umsatz ist die Automobilindustrie eine der Königsbranchen im Interim Management. Jährlich werden hier rund 2.000 Interim Manager zu 60% in Funktionen der 1. und 2. Linie und zu 18% im Programm-Management eingesetzt.

Transformations-Management – Problemlöser auf Zeit

Interimslösungen sind für mittelständi-sche Unternehmen finanziell überschaubar – man bindet sich nicht langfristig mit teuren Experten bei der Bearbeitung von Schlüsselthemen. Die Ludwig Heuse Studie 2015 zeigt, dass 88 Prozent aller Transformation Manager im Bereich Automotive das Doppelte oder mehr ihrer Kosten erwirtschaften. Unsere folgenden Referenzprojekte zeigen, in welchen Bereichen die Transformation Manager der Fachgruppe Automotive im DDIM zur Bewältigung aktueller Probleme in der Automobilindustrie beitragen:

Startup in Mexico – Schwarze Zahlen nach 12 Monaten

Der kaufmännische Part reichte von Einkauf über Logistik und IT bis zu Controlling/Finanzen. Das Werk war innerhalb eines Jahres errichtet. Wir fuhren die Produktion an und waren nach kurzer Zeit profitabel. Ein leistungsfähiges, auf lokale Verhältnisse angepasstes Kennzahlensystem und straffes Qualitätsmanagement halfen dabei.

Mittelständischer Automobilzulieferer – Werkgründung in Mexiko

Aufbruch nach Amerika oder Verlust eines Hauptabnehmers: Vor diese Alternative sah sich ein mittelständischer Zulieferer gestellt. Für die Werkgrün-dung mussten wir den richtigen Standort auswählen, den Business Case rechnen, und einen Werkleiter finden. Da-mit waren die Weichen gestellt. Nun kam es noch auf ein gutes Projekt-Controlling an, um den SOP nach Plan zu erreichen.

Hersteller von Nutzfahrzeugen – Personal- und Organisationsentwicklung

Das Produktionsunternehmen ist sehr schnell auf 1500 Mitarbeiter gewachsen, die Führungsstrukturen kamen mit der Entwicklung nicht nach. Der Transformation Manager analysierte die Organisationsstrukturen, implementierte MBO und Leistungsbeurteilungen, Coaching und Entwicklung der Führungskräfte. Dies führte zu Leistungssteigerung durch klare Strukturen und Zuständigkeiten, gesteigerte Mitarbeiterzufriedenheit und Reduktion der Fluktuation durch verbesser-te Führungsqualität.

Nutzfahrzeug-Hersteller – Cash Race

Der Transformation Manager fand nicht optimale Durchlaufzeiten (u.a. Rüst- und Liegezeiten, Teileverfügbarkeit an Montagelinien, Zahlungsläufen und -konditionen) im Material- und Finanzfluss vor. Nach Identifizierung von Cash Flow-Verbesserungspotenzialen über alle Fachbereiche, konnte im ersten Jahr eine Reduzierung der operativen Kapitalbindung um ca. 20% durch eingeleitete Maßnahmen bei Beständen, Forderungen und Lieferverbindlichkeiten erreicht werden sowie eine dauerhafte Mitarbeiter-Sensibilisierung für Prozessthemen im Rahmen von Change Management.

Tier 1 & 2: Getriebeteilelieferant USA

Der Interim Manager musste sehr kurzfristig bei einem mittelständischen Präzisionsteile-Lieferanten einspringen zum Management der Tochtergesellschaft und der Produktion in den USA. Schwerpunkt lag in der Beherrschung des Wachstums, Ausrichtung auf die Zukunft, Qualitätsverbesserung und der Integration vieler neuer Mitarbeiter und Maschinen.

Internationale Automotive Gruppe – Turn-Around

Hohe Reibungsverluste in der Schnittstelle Vertrieb und Technik, kein Projektmanagement mit klaren Verantwortlichkeiten, und hoher Cash-Verbrauch erforderten einen Transformation Manager zur Durchführung einer kompletten Unternehmensreorganisation. Nach 1 Jahr war der turn-around geschafft durch neue Verantwortungsstrukturen und konsequentem Projekt- und Kostenmanagement mit Focus auf free-cash-flow, design-to-cost, und strategischer Planung.

Vom mittelständischen Zulieferer zum zukünftigen Systemlieferant

Als mittelständisches Unternehmen ein Innovationsprojekt für einen OEM abzuwickeln erfordert ein klar definiertes Ziel, so „viel wie nötig“ Strukturen im Projekt und einen innovativen Einkauf auf hohem Niveau. Durchhaltevermögen gehört zum Geschäft – David und Goliath stehen sich gegenüber. Mit einem Transformation Manager können die unterschiedlichen Ebenen auf denen sich die Unternehmen befinden überwunden werden. Nach zwei Jahren wurde bewiesen dass auch kleine Betriebe technisch innovative Systeme für die Automobilin-dustrie entwickeln, produzieren und liefern können.

Internationaler Automobilzulieferer – Post-Merger Integration

Nach Prüfung des Mergers durch die Europäische Kommission übernahm ein Transformation Manager die vollständige Integration beider Unternehmensbereiche mit insgesamt 18 Fabriken in 13 Ländern. Die Aufgabe umfasste das komplette Transformation Management von der Herauslösung des zugekauften Unternehmensteils aus seiner Konzernstruktur, Integration Workshops zum gegenseitigen Kennenlernen der beidseitigen Geschäftsprozesse, Aufstellung eines gemeinsamen Managementteams aus beiden Unternehmen, der Definition von gemeinsamen Prozessen in allen Bereichen, bis hin zur neuen strategischen Ausrichtung aller Werke, Engineering Center und Bereiche einschließlich der hierzu notwendigen Unternehmenskommunikation intern und extern.

Deutschen Premiummarke – Turnaround in Polen

Generalvollmacht, Umstrukturierung und strategische Neuausrichtung des Unternehmens, kommissarische Vertriebsleitung für 1,5 Jahre, Neustrukturierung des Vertriebs, Erweiterung des Produktportfolios und der Distributionskanäle, Aufbau eines effizienten, IT-gestützten Marketings, KPI-Definition, Einführung eines auf Kennzahlen basierten Reportingsystems, personelle Erneuerung im Management, Coaching, Nachfolgeregelung – nach 2 Jahren wurde der Abwärtstrend vom Transformation Manager gestoppt, ein Nachfolger gefunden und eingearbeitet. Der Standort entwickelte sich zu einem technologisch innovativen Zulieferer der Branche.

Dr. Rainer Bostel

Dr. Rainer Bostel

Bostel Consulting Hamburg

Dr. Rainer Bostel ist als Transformations-Manager in der Automobil-Zulieferindustrie tätig mit Schwerpunkt Projektmanagement, Change Management, Restrukturierung sowie Geschäftsaufbau in Europa, Indien & China. Er bringt knapp 30 Jahre Berufserfahrung mit, zuletzt als Präsident eines international tätigen Automobilzulieferers.

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